Radon und Radionuklide in Baumaterialien

radionuklide und radon in baustoffen

Radioaktive Strahlung im Wohnzimmer: durch Radon-222 und Radionuklide

Bei Baumaßnahmen kommen oftmals Gesteinsarten und Erden zum Einsatz, die Radionuklide beinhalten und Radongas freisetzen können. Wird Strahlung freigesetzt, so führt dies zu einer erhöhten Strahlenbelastung für die betroffenen Personen. Von besonderer Bedeutung für eine Strahlenbelastung in Wohnräumen sind Stoffe, die aus den Zerfallsreihen von Thorium-232, Uran-238 und Kalium-40 stammen. Die Strahlenexposition erfolgt zum einen durch Gammastrahlung, die von außen auf den Körper einwirkt; zum anderen durch das Inhalieren von Radon-Gas und dessen Zerfallsprodukte.

 

Radon in Baumaterialien: Wie ist die Lage in Deutschland?

Seit 30 Jahren untersucht das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Baumaterialien nach radioaktiven Stoffen. Bei circa 1500 verschiedenen Materialien wie Baustoffen, Naturwerksteinen und mineralischen Reststoffen hat das BfS spezifische Aktivitäten von Radionukliden sowie die Freisetzung von Radon in Baumaterialien festgestellt. Die Untersuchungen ergaben außerdem, dass ein Wert von 80 Nanosievert in der Stunde den Durchschnittswert der Gamma-Ortsdosisleistung in den untersuchten Bauten darstellt. Ein Durchschnittswert von mehr als 200 Nanosievert in der Stunde kam dagegen eher selten vor. Eine erhöhte Aufmerksamkeit legte das Bundesamt für Strahlenschutz zudem auf das radioaktive Gas Radon-222. Durch den Zerfall von Radium-226 entsteht das Radon-222 in den Baumaterialien und kann anschließend aus diesen in die Räumlichkeiten diffundieren. Der derzeitige Kenntnisstand lässt darauf schließen, dass Radon und seine Zerfallsprodukte für viele Lungenkrebsfälle verantwortlich gemacht werden können.

 

Nicht alle Baumaterialien sind betroffen

Wie viel Radon die verschiedenen Baumaterialien freisetzen, hängt von der Beschaffenheit des Materials sowie von der spezifischen Aktivität des Radiums-226 ab. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat bei seinen Untersuchungen festgestellt, dass die üblichen Baumaterialien wie Ziegel, Beton, Porenbeton oder Kalksandstein nicht verantwortlich für eine erhöhte Radonkonzentration in Innenräumen sind. Der Jahresmittelwert, den das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt, sollte bei maximal 100 Becquerel pro Kubikmeter Luft liegen. Der Wert, den die genannten Baustoffe zur gesamten Radonbelastung in Innenräumen beitrugen, lag in den Untersuchungen bei max. 70 Becquerel pro Kubikmeter Luft. Viele handelsübliche Baumaterialien lagen bei den Versuchen sogar bei weniger als 20 Becquerel pro Kubikmeter.

 

Erhöhte Radonkonzentrationen bei bestimmten Baustoffen

radon und radionuklide in baumaterialien sicher erkennenIn früheren Zeiten wurde Kohleschlacke oftmals für Füllungen in Geschossdecken verwendet. Kohleschlacke entsteht beim Verbrennen von Kohle und kann eine erhöhte Konzentration von Radium und Uran aufweisen – was wiederum die Radonkonzentration in Innenräumen erhöhen könnte. Bei den Messungen des Bundesamtes für Strahlenschutz konnten aber keine erhöhten Radonwerte in den betroffenen Gebäuden ermittelt werden. In einigen seltenen Fällen ergaben allerdings Messungen an Natursteinen erhöhte Messwerte (aufgrund der Aktivität von Radium-226). Chemie-Gipse, die aus den Rückständen von verarbeitetem Phosphorit hergestellt wurden und Leichtbetone aus Alaunschiefer stellen jedoch Baumaterialien dar, bei denen Radon in höheren Konzentrationen vorkommen konnte.

In manchen Fällen gibt es zudem sehr hohe Radonkonzentrationen in Gebieten, in denen Bergbau betrieben wurde. Hier wurden oft radiumhaltige Stoffe aus dem Abbau von Erz als Füll- und Baumaterialien für die umliegenden Wohnhäuser genutzt.

Nach aktuellem Kenntnisstand wurden in der Vergangenheit keine Baustoffe genutzt, die erhöhte Thoriumkonzentrationen aufweisen. Ansonsten wäre das Gas Radon-220 bei den Versuchsmessungen festgestellt worden. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Vergangenheit in einigen Gebäuden in Deutschland ungebrannter Lehm als Baumaterial eingesetzt wurde. In diesem Fall wären erhöhte Thoronwerte in Innenräumen durchaus denkbar.

 

Verwendung von radioaktiven Industrierückständen

Im Bereich der Industrie befinden sich in manchen Rückständen radioaktive Stoffe in ihrer natürlichen Form. Wenn diese belasteten Baustoffe als Sekundärrohstoffe in der Baubranche zum Einsatz kommen, kann es zu einer erhöhten Strahlenbelastung für den Menschen kommen. In der Strahlenschutzverordnung (Anlage XII, Teil A) sind deswegen diejenigen Rückstände aufgelistet, bei denen besondere Auflagen bezüglich der Verwendung zu erfüllen sind. In der genannten Anlage der Strahlenschutzverordnung sind ebenso die zulässigen Verwendungsmengen und die Überwachungsgrenzen dieser Rückstände aufgeführt. Eine Dosis von einem Millisievert pro Jahr und Person soll laut dieser Verordnung möglichst nicht überschritten werden.

In einer EU-Verordnung aus dem Jahre 2011 (BauPVO, Verordnung EU Nr. 305/2011) sind außerdem die Anforderungen an Bauprodukte geregelt. Ein Bauprodukt darf nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die darin geforderten Kriterien in Bezug auf die Umwelt, die Gesundheit und die Strahlenbelastung erfüllt werden. Die genannte Verordnung ist seit Mai 2013 nach deutschem Recht für alle Hersteller verbindlich.

 

Natürliche Radioaktivität von Naturwerksteinen

Naturwerksteine sind ein immer beliebter werdendes Baumaterial, das häufig im Innenausbau und im Außenbereich zum Einsatz kommt. Aus diesem Grund gab es 2006 durch das Bundesamt für Strahlenschutz und dem Deutschen Naturwerkstein-Verband e. V. eine Untersuchung der gängigsten Naturwerksteine. Dabei wurden verschiedene Fliesen und Platten aus den unterschiedlichsten Regionen untersucht. Das Material wurde anhand des verwendeten Gesteins unterschieden und eingeteilt. Achtung: Im Handel werden nicht immer die richtige Bezeichnung für das jeweilige Baumaterial verwendet. Beispielsweise handelte es sich bei Granit nicht immer um das entsprechende Gestein. Diorite, Gneise oder Granodiorite werden ebenfalls häufig als Granit deklariert.

 

Die spezifische Aktivität der untersuchten Naturwerksteine

Bei den Naturwerksteinen, die durch das Bundesamt für Strahlenschutz untersucht wurden, betrug die spezifische Aktivität zwischen 10 und 1600 Becquerel je Kilogramm für Kalium-40. Bei Radium-226 waren es zwischen 10 und 355 Becquerel und bei Thorium-232 zwischen 10 und 330 Becquerel je Kilogramm. Die Möglichkeit einer Strahlenbelastung durch die jeweiligen Materialien ist von der Verwendung, der Radonfreisetzung und von der Radionuklidkonzentration abhängig.

 

Radon in Baumaterialien minimieren: EU-Empfehlung "Radiation Protection 112"

Eine verbindliche Rechtsgrundlage für die radiologische Bewertung von Baustoffen ist noch nicht gegeben. Allerdings gibt es die Empfehlung "Radiation Protection 112", die von der EU erarbeitet wurde. Die Empfehlung soll eine verbesserte Orientierung ermöglichen. Grundlage hierfür stellen die untersuchten spezifischen Aktivitäten der Radionuklide sowie spezielle Modellannahmen dar. Im Dezember 2013 wurde diese Empfehlung in die „Europäische Grundnormenrichtlinie“ aufgenommen. Hier sind ebenso die Richtlinien für die Bauprodukte zu finden. Bis spätestens zum 6. Februar 2018 soll diese Empfehlung in nationales Recht umgesetzt sein.

 

Fazit:

Die Ergebnisse der Untersuchungen des Bundesamtes für Strahlenschutz lassen den Schluss zu, dass fast alle der untersuchten Baumaterialien und Naturwerksteine bedenkenlos in größeren Mengen eingesetzt werden können. Die effektive Dosis von einem Millisievert pro Person und Jahr wird durch die Verwendung von handelsüblichen Baumaterialien in der Regel nicht überschritten. Zu bedenken ist hierbei jedoch, dass in dieser Studie nur die Strahlenbelastung durch Baumaterialien untersucht wurde. Durch aufsteigende Radongase aus dem Erdreich können die Radonwerte in Innenräumen nochmals deutlich gesteigert werden. Wer in einem Radongebiet wohnt sollte also dennoch eine Radonmessung bei sich durchführen. Passende Radonmessgeräte finden Sie bei uns im Shop.


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