ARD-Bericht: Die neuen Radon-Grenzwerte

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Radon ist ein radioaktives Edelgas, das aus der Erde strömt. An der frischen Luft verdünnt es sich schnell. Doch in Häusern sammelt es sich an, wo es zur tödlichen Gefahr werden kann. Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist Radon die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs.

 

Ein neues Strahlenschutzgesetz sorgt ab 2019 für neue, rechtsverbindliche Grenzwerte. Die Grenzwerte sorgen für ein Plus an Sicherheit am Arbeitsplatz, zu Hause und in öffentlichen Einrichtungen. Es entstehen aber gleichzeitig hohe Kosten, die auf Kommunen und Gemeinden zukommen. Und auch Arbeitgeber müssen sich auf die neuen Grenzwerte einstellen. Denn ab einem Grenzwert von 300 Bq/m3 müssen an Arbeitsplätzen Maßnahmen zur Verringerung der Radonbelastung ergriffen werden.

 

Den gesamten Bericht und das achtminütige Video finden Sie hier (Link zur ARD-Mediathek)


Bild: Screenshot vom ARD-Bericht: Radioaktives Gas in Gebäuden, 24.04.2018

Radon in Deutschland - Neue Grenzewerte

In dem ARD Bericht ist auch unser RadonEye zu sehen. 

Radioaktives Gas in Gebäuden

Kommunen vor Sanierungswelle

Ulrich Hagmann, Iska Schreglmann

Quelle: https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/radon-gas-radioaktiv-gebaeude-sanierungen-100~attachment.pdf?

Die Kinderzeichnungen hängen noch an der Wand, doch die Kinder sind weg aus Sicherheitsgründen. Der idyllische Waldorfkindergarten im badischen Lörrach ist hochgradig mit Radon belastet. Die radioaktive Strahlung lag in manchen Räumen im Durchschnitt über 2000 Becquerel. Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Edelgas. Nach dem Rauchen die häufigste Ursache für Lungenkrebs. Rund 2000 Todesfälle gehen in Deutschland auf die Radonbelastung in Gebäuden zurück.

 Prof. Hans Drexler, Institut für Arbeits- und Umweltmedizin, Uni Erlangen-Nürnberg: „Das Risiko wird absolut unterschätzt. Radon ist ein natürlicher Stoff, da ist niemand verantwortlich zu machen. Wenn wir jetzt die Diskussion um Stickoxide verfolgen, das wird viel kritischer gesehen, da kennen wir den Verursacher, die Dieselfahrzeuge. Aber das Krebsrisiko durch Radon ist unbestritten wesentlich höher als durch Dieselemissionen.“

Die Stadt Lörrach hat schnell reagiert und den Kindergarten an einen sicheren Ort verlegt. Doch Radon wurde auch in dieser Realschule gefunden. In den Klassenzimmern im Kellergeschoss. Hier mussten Absauganlagen eingebaut werden. Die hohe Radonbelastung in der Stadt Lörrach kam erst durch Messreihen zu Tage, die das Land Baden Württemberg in vielen Schulen durchgeführt hat.

 Jörg Lutz, Oberbürgermeister Lörrach: „Klar war es überraschend, weil wir haben, wie alle anderen Kommunen bisher auch, nicht gemessen gehabt. Wir stehen bei der Thematik tatsächlich ganz am Anfang, man muss auch das Bewusstsein dafür schärfen, dass ich in meinem Arbeits- und Lebensumfeld einem Edelgas ausgesetzt, was Gesundheit schädliche Folgen ab einer gewissen Konzentration hat, das ist glaube ich eine neue Erkenntnis, die denn in der Bevölkerung auch nicht großartig verbreitet ist.“

Radon ist ein radioaktives Edelgas, das aus Gestein an die Oberfläche dringt. Die Gefahr ist besonders gut erforscht, weil viele Bergarbeiter an Lungenkrebs erkrankt sind, der durch Radon ausgelöst wurde. Allein in Deutschland sind über 9000 Fälle von der Berufsgenossenschaft anerkannt.

Radon ist im deutschen Boden unterschiedlich verteilt. Risikogebiete sind in der Karte des Bundesamts für Strahlenschutz ausgewiesen, je dunkler die Flecken desto höher die radioaktive Belastung.

In Gebäuden gelangt das Radon aus dem Untergrund durch Ritzen im Fundament nach oben. Besonders gefährdet sind Altbauten, bei denen der Keller schlecht abgedichtet ist.

Aschau im Chiemgau. Auch hier ist die Radonbelastung der Bodenluft besonders hoch. Die Gefahr lauert vor allem in alten Bauernhäusern. Davon wusste Heinrich Rösl nichts, als er mit seinem Lebenspartner hier einzog. Dann kam die Radonmessung, 4000 Becquerel pro Kubikmeter Atemluft im Wohnzimmer. Heinrich Rösl, Hausbesitzer: „Dann war natürlich der Schock groß. Dann kam Panik auf. Weil wir ja damals schon wussten, Werte bis maximal 300, bis manchmal sprach man auch von 400, 500 Becquerel wären gerade noch so erträglich. Aber 4000 wussten wir natürlich, klar, die sind lebensgefährlich. So haben wirs auch empfunden, dass es lebensgefährlich sei.“

Aufwendig musste Rösl das Haus sanieren. Es stand teilweise ohne Fundament auf gestampften Boden. Er musste die Dielen im Wohnzimmer aufreißen, nach unten abdichten, im Garten einen Radonbrunnen bauen. Aber Rösl, mittlerweile Ehrenpräsident des Eigenheimerverbandes Deutschland, reichte das nicht aus. Er wollte gesetzliche Grenzwerte und eine umfassende Information der Bevölkerung.

Heinrich Rösl, Ehrenpräsident Eigenheimerverband Deutschland: „Wo ich überall vorgesprochen habe, bei den Parteien. Im Umweltministerium. Beim LFU. Es war immer so, dass man das Gefühl hatte, ja ja, sie haben ja recht. Und das Problem ist bekannt. Aber wir brauchen dazu kein Gesetz. Wir brauchen dazu nur eine umfassende Information der Bevölkerung – wobei ich immer dann gesagt habe, bitte zeigen Sie mir, wann und wo die Bevölkerung umfassend informiert wurde. Und dann war Funkstille.“

Dabei gab es schon unter Rot-Grün den Versuch verbindliche gesetzliche Grenzwerte gegen Radon einzuführen, der scheiterte auch am Widerstand Bayerns.

Jürgen Trittin, Bundesumweltminister 1998 -2005: „Der bayerische Umweltminister hat als Vorsorge gegen Radonbelastungen im Haushalt einen ganz einfachen Ratschlag: lüften.“

Schließlich bringt eine EU-Richtlinie 2014 Bewegung in die Diskussion. EU-weit werden für Gebäude Radon-Referenzwerte vorgeschrieben. Deswegen hat der Bundesrat im vergangenen Jahr ein neues Strahlenschutzgesetz erlassen.

Ab 2019 sind an Arbeitsplätzen in Deutschland nur noch 300 Becquerel Radon pro Kubikmeter Luft im Mittelwert zulässig.

Die Bundesländer haben noch zwei Jahre Zeit, um Gebiete auszuweisen, in denen zwingend Radon gemessen werden muss. Wir wollen wissen, was Behörden in Deutschland über die Radonbelastung öffentlicher Gebäude wissen und fragen bei Landratsämtern in Problemregionen nach. Im Rücklauf zeigt sich, selbst in Gebieten mit hoher Radonbelastung haben viele Behörden das Problem noch nicht erkannt.

So schreibt uns das Landratsamt Vulkaneifel: „Leider kann ich Ihnen keine Rückmeldung zu den von Ihnen gestellten Fragen geben, da ein Radonvorkommen in unseren öffentlichen Gebäuden nicht bekannt ist.“

Aus Rosenheim im besonders belasteten Alpenvorland heißt es „für den Landkreis Rosenheim erstatten wir Fehlanzeige....bisher...noch keine Radonmessungen.

Hier im Landkreis Freyung-Grafenau im Bayerischen Wald wurde gemessen. Nicht wegen Radon, sondern wegen Feuchtigkeit, dabei fiel allerdings ein enorm hoher Radonwert in Büroräumen des historischen Landratsamtes auf.

Karl Matschiner, Pressesprecher Freyung-Grafenau: „Wir haben hier in diesem Gebäude Durchschnittswerte von 1200 Becquerel gemessen.“

report München: „Hier sind Arbeitsplätze, Büros?“

Karl Matschiner, Pressesprecher Freyung-Grafenau: „Richtig. Wir machen uns durchaus unsere Gedanken und es macht auch nachdenklich. Wir sind ja alle in der Regel seit vielen Jahren hier wohnhaft in der Region und auch unsere Wohnhäuser sind oft in Granitmassiven gebaut, auch dort besteht die Möglichkeit, dass wir Radon aufnehmen können.“

Das Bundesamt für Strahlenschutz in Berlin. Hier werden die Messgeräte kalibriert, mit denen in den Ländern die Messkampagnen anlaufen sollen. Wie groß ist der Sanierungsbedarf?

Frank Wissmann, Bundesamt für Strahlenschutz: „Wir gehen davon aus, dass ungefähr, das ist so eine grobe Zahl, die wir aufgrund unserer Prognosen ermittelt haben, ca. 10% der Häuser betroffen sein können, aber welches Haus betroffen ist, das wissen wir leider nicht. Auch da klärt nur die Messung auf, die Wahrheit liegt in der Messung. Das ist leider so.“

Es könnten bis 1,8 Millionen Gebäude betroffen sein. Verantwortlich für den Strahlenschutz sind die Länder. Deswegen fragen wir von report München dort nach, ob Sie zumindest die Radonbelastung öffentlicher Gebäude kennen.

Nur in Baden-Württemberg und Sachsen gab es schon langfristige systematische Messungen in öffentlichen Gebäuden.

In Bayern, Sachsen-Anhalt und Hamburg laufen Messprogramme an oder sind geplant.

In Berlin, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen gibt es Daten aus älteren unsystematischen, Kurzzeitmessungen.

Viele Länder, hier in weiß, haben noch gar nicht gemessen.

Und aus Niedersachsen kam keine Antwort.

Es kommt eine Menge Arbeit auf die Bundesländer zu, ebenso auf die Strahlenschützer. Denn spätestens in zwei Jahren müssen alle Arbeitsplätze in Deutschland den Radon Referenzwert einhalten. Bis jetzt wurde die Gefahr vielerorts unterschätzt und zu lange ignoriert.

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